Kulturnacht im Jubiläumsjahr des Westfälischen Friedens

5. September 2023

Wohin mit der KUKUK?

Konzert, Theater oder Kabarett? Lieber eine Stadt­führung? Vortrag oder Filmfest? Wir zeigen Dir, wann wo was geht…

Der Verein hinter der KUKUK

Für uns gehört kulturelle Teilhabe zu einem würdigen Leben. Für uns ist Kultur kein Luxus, sondern Lebensmittel!

Unterstütze unsere Arbeit!

Förderndes Mitglied, ehren­amtliche Mitarbeiterin, groß­zügiger Spender, sozial­freundliche Sponsorin: Finde heraus, was für DICH passt…

Was die Medien über uns sagen

Print, Audio, TV, Online, Medien­berichte. Außerdem: alle 4 Wochen bei osradio 104,8 unsere eigene Radio­sendung, der KUKUKsRUF!

Die Kulturnacht, die in den vergangenen Jahren immer an einem Abend stattfand, wurde in diesem Jahr in Verbindung mit den Feierlichkeiten des 375.Jubiläums des Westfälischen Friedens um eine Nacht erweitert. Das war auch nötig, gab es doch einige Veranstaltungen speziell zum Jubiläum wie Konzerte, Führungen an Originalschauplätzen, Archiven mit historischen Dokumenten und Aufführungen unter freiem Himmel. Und wie schon bei der Nacht der Ateliers war es schier unmöglich, ALLE Veranstaltungen zu besuchen, wollte man doch das „Erlebnis des Ortes“ genießen und nicht gleich weiter eilen.

So führte mich meine Kultour am Freitagabend zuerst in das Atelierhaus Heinrichstraße. Hier zeigten die Künstlerinnen Beatrice Gunschera, die keramische Objekte mit urtümlichen Brennverfahren wie dem des Raku- und Tonnenbrandes herstellt sowie Annette Piwowarski mit großen und kleinen Malereien und Skulpturen aus Holz und Stein ihre Arbeiten. Auf den Fluren des Atelierhauses ließen sich aber auch Arbeiten anderer Künstler, wie dem ebenfalls hier ansässigen Maler Thomas Fleischer und dem Fotografen Sören Gramadtke, auch Fotografien von Malte Büscher zum Thema „Origami“ sehen.
Als die Dämmerung schon eingesetzt hatte, fuhr ich zum Ausstellungsort des Schrebergartens am Bürgerpark, in dem die Künstlergruppe um Jürgen Knagge und Lars Meyer Skulpturen und Malereien zeigte, die an ausgesuchten Stellen des Gartens standen und durch die Art der Beleuchtung die Natur mit in die Betrachtung der Objekte einbezog. So gab es z.B. ein großes Triptichon mit einer gehörnten Adam und Eva Szene unter einem Apfelbaum und ein menschenähnliches Metallwesen mit Widderschädel auf dem Kopf schaute durch einen frei in der Natur stehenden Vorhang.
Den Berg hinunter, am Fuß des Gertrudenberges, befindet sich ehemalige Liebigfabrik. Hier sind u.a. die Galerie KunstGenuss und die Lega S Jugendhilfe beheimatet und zeigten in einer gemeinsamen Ausstellung Arbeiten zum Thema „Frieden“ und „Frieden mit der Natur“ von Osnabrücker Künstlern und -gruppen. Auch Hendrik Spiess hatte hier bis Anfang September sein Kunstprojekt mit Namen „As far as the Eye can see“ zur Beziehung zwischen Natur- und Klimaschutz, bei dem Besucher an Ausflügen, Vorträgen und Zeichen-Workshops teilnehmen können. Ähnlich einem klassischen Zeichensaal für Naturforscher, in der die Tier- und Pflanzenwelt in beharrlich geduldiger Kleinarbeit detailgetreu zu Papier gebracht wird und auf diese Weise dem eigenen Werk einen Wert gibt, den die schnelllebige Handy-Abfotografiererei als hastig geteiltes Massenprodukt nicht erreichen kann. Die hierfür ausgestellten Exponate aus dem Naturkundemuseum dienen als Zeichenvorlage. Im Innenhof der Liebigfabrik hatte sich das „KlangDuo“ installiert, welches mit seinen sphärischen Chillin´ Grooves die Ausstellungsbesucher im Hof und auf den Galerie-Balkonen berauschte.
Im niedersächsischen Landesarchiv gab es unter dem Titel „Ausgegraben und Entstaubt“ Führungen durch die Wanderausstellung „Lebensbilder aus der Zeit vom Dreißigjährigen Krieg und Westfälischen Frieden“, in deren Fokus Bewohner unterschiedlicher Stände des Osnabrücker Landes des 17. Jahrhunderts und archäologische Funde von Gebrauchsgegenständen dieser Zeit stehen. Im weiteren Verlauf der Führung bekam man noch einen Einblick und Erklärungen in die umfangreiche Sammlung historischer Dokumente und deren besonderer Archivierung im Gebäude.

Am Samstag fanden im Dom verschiedene Veranstaltungen statt wie z.B. eine Führung durch den Kreuzgang des Domherrenfriedhofs, bei dem unter dem Titel „Das letzte Wort“ Grabinschriften erläutert wurden. Auch gab es ein Konzert des Domorganisten im Hauptschiff des Doms mit royaler englischer Musik. Was mit frenetischem Applaus gewürdigt wurde.
Auf dem Weg zur KAOS e.V. Homebase in der Großen Gildewart machte ich einen Schlenker über den Rathausplatz, der zu dieser Dämmerstunde in ein Orange-Rot glühendes Licht getaucht war. Hier wollte ich zu späterer Stunde dann das 360°-Konzert „Krieg und Frieden“ ansehen, für das eine riesige überdachte, auf ca. 2m erhöhte Bühne mit zusätzlichen Laufstegen in der Woche vorher errichtet worden war.
In den Räumlichkeiten des KAOS e.V. und nebenan hatten die Mitarbeitenden mehrere Veranstaltungen organisiert. Drei jeweils 20-minütige Minitalks mit Osnabrücker Prominenten wie der Malerin und Musikerin Shabnam Parvaresch, dem Schauspieler und KUKUK-Botschafter Roland Riebeling und dem ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Entsprechend groß war der Andrang für einen Sitzplatz in dem kleinen Raum.
Im Büro des Vereins stand ein langer Tisch, an dem Spielmöglichkeiten wie das KUKUK-Memory oder Kulturpuzzle ausprobiert werden konnten. Dazwischen tat sich ab und an das „Märchenfenster“ auf, in dessen Räumen die Erzählerinnen Sonja Fischer und Sabine Meyer Aufbrüchen, langen Wegen und friedlichem Ende Worte gaben.
Gleich um die Ecke bot der Hof des Steinwerks, dem ältesten erhaltenen Gebäude von Osnabrück, durch das auch Führungen möglich waren, jazzige Livemusik, lichtechnische Installationen von David Rauer, Weinverkostung und unendlich leckere Pizza. Im anliegenden Atelierhaus im 1. Stock stellten Gabriele Teckemeier, Nils Westmeyer und eine ukrainische Künstlerin ihre Werke aus. Im Erdgeschoß konnten die textilen Arbeiten der Künstlerin Anette Rega besichtigt werden, die mittels eines speziellen Pflanzendruck-Verfahrens hergestellt werden.
Auf dem Weg zur Kunsthalle hielt ich eine Weile am Platz des 20. Juli inne, wo der Focus e.V. eine Musik-Lounge mit Liegestühlen zum Entspannen, Chillen und Zuhören aufgebaut hatte, wo man der Musik des DJ´s lauschend eine Pause vom Trubel einlegen und die beleuchtete Fassade der Dominikanerkirche betrachten konnte.
Die Kunsthalle gab an diesem Abend Einblick in zwei der aktuell drei Ausstellungen zu ihrem 30-jährigen Jubiläum im Gebäude. Das sind zum Einen Aram Bartholl´s begehbarer Recyclinghof im Kirchenschiff mit zum Mahnmal aufgetürmten Korbboxen voller Elektroschrott in direkter Nachbarschaft zur Werkstatt einiger Osnabrücker Reparatur-Initiativen, die zeigen, wie solch achtlos voreilig entsorgten Geräte ein längeres Leben haben können. Im Innenhof und der hinteren Ausstellungsfläche erstreckten sich die Installationen zum „Flächenbüfett“ des Osnabrücker Weltacker e.V.

Nun wurde es langsam Zeit, Richtung Rathausplatz zu gehen, um die zweite Aufführung des 360°-Konzerts „Krieg und Frieden“ anzuschauen. Ich kam noch an der Skulptur-Galerie vorbei, in der sich einige Besucher die aktuelle Ausstellung „Hoffnungsort Ukraine ?“ von Aljoscha und Volker-Johannes Trieb ansahen. Und ein paar Schritte weiter, im BBK Kunstquartier, endete in dieser Kulturnacht die offene Ausstellung „Frieden“, bei der Jeder künstlerische Arbeiten aller Techniken einreichen konnte. So hingen dort Werke bekannter Größen neben denen von Schülern. Gemaltes, gezeichnetes, fotografiertes, gebautes, gedrucktes, gepanschtes und gemanschtes, geformtes und bemaltes.
Am Rathausplatz angekommen, war es schon stockduster und es war schwierig, einen Platz mit guter Sicht auf die Bühne zu finden. Nach der Begrüßung durch die Leiterin des Fachbereichs Kultur der Stadt Osnabrück Patricia Mersinger begann das Orchester mit der Einführung für das Musikschauspiel. Dann kam der künstlerische Leiter dieser Zeitreise hinzu, der Musiker und Komponist Stephan Rodefeld. Er übernahm die Moderation für die wesentlichen Ereignisse und Personen der Osnabrücker Stadt- und Landgeschichte. Von der Varusschlacht im Jahr 9 n.Chr. zum 30-jährigen Krieg und dem folgenden Friedensschluß 1648, über die Weltkriege und Erich Maria Remarque bis zum Heute. Unterstützt wurde das Bühnenspiel durch allerlei visuelle Technik wie einer Lasershow und Lichtprojektionen auf den umliegenden Fassaden des Rathausplatzes. Auch die Stadtspieler waren in einer kriegerischen Szene zu sehen. Und eine 20-köpfige Dudelsackkapelle mit Trommeln und Pauken war Teil des Musikprogramms. Zum Ende der Aufführung trat noch einmal der Osnabrücker Bürgermeister des Jahres 1648, hier vertreten von dem Musiker Michael Schroth, besser bekannt als „Heaven“, samt Stadtwache in die Kanzel der Rathaustreppe und verkündete den westfälischen Frieden.
Zum Abschlußbild kamen noch einmal alle Darsteller und Musiker auf die Bühne und sangen gemeinsam mit dem Publikum das Lied „Give Peace a Chance“ von John Lennon.
Ein gebührender Abschluß für die extralange Kulturnacht 2023 zum Westfälischen Friedensjubiläum.

 

TEXT & FOTOS  Rüdiger Lange