Die Nutzung des Gertrudenberges reicht weit in die Geschichte zurück, sogar noch vor die Gründung der Stadt Osnabrück.
Die Höhlen im Berg
Diese gehen zurück auf einen im 14. Jahrhundert erstmals erwähnten verlassenen Steinbruch. Aus dessen Material wurden wohl die ersten Klosterbauten errichtet. Ab dem 16. Jahrhundert baute hier die Stadt Osnabrück für ihre Befestigungsbauten Muschelkalk ab. Anfangs an der Oberfläche, arbeitete man sich der nutzbaren Gesteinsschicht folgend, immer weiter in den Berg hinein. So entstand im Laufe der Jahre ein regelrechtes Höhlensystem, dessen Gestein weniger zum Bauen, als mehr für die Herstellung von Kalkmörtel gebraucht wurde. Die Höhlen dienten im 18. Jahrhundert wegen der immerkühlen Temperaturen u.a. als Bierkeller und zur Pilzzucht, im 2. Weltkrieg nach statischen Verstärkungen als Luftschutzbunker. Das Höhlensystem ist als archäologisches Denkmal eingetragen. Seit 2011 gibt es den gemeinnützigen Verein `Gertrudenberger Höhlen Osnabrück e.V.´, der mit dem öffentlichen Zugang, der kulturellen Geschichte, der Erhaltung und wissenschaftlichen Dokumentation der Höhlen betraut ist.
Das Kloster
Um 680, etwa 100 Jahre vor der Gründung Osnabrücks wurde auf dem heutigen Gertrudenberg eine Michaeliskapelle auf den Resten eines heidnischen Heiligtums errichtet. Die Kreuzung der Handelswege war zu dieser Zeit schon vorhanden. Nach mehreren Vergrößerungen entstand dann zu Beginn des 13. Jahrhunderts die Gertrudenkirche in ihrer heutigen Erscheinung. Als Schutzpatronin des Klosters wählte Bischof Benno II schon 150 Jahre vorher die heilige Gertrud von Nivelles aus Belgien, die als Heilige der Reisenden und auch gegen Ratten- und Mäuseplagen verehrt wird. Da das Kloster auf dem Berg über der Stadt liegt und es deshalb ein wichtiger strategischer Ort war, wurde es häufig umkämpft. Auch kam es zwischen Stadtbewohnern und Kloster oft zu Streitigkeiten, da das Kloster durch Schenkungen von Adel und Kirche zu Land und Hofstellen und durch kluge Bewirtschaftung zu Wohlstand kam, was den Neid der Stadtbevölkerung auf sich zog. Mit der Auswirkung, das das Kloster regelmäßig von Brandlegungen heimgesucht wurde. Auch boten die Höhlen im Berg den Stadtbewohnern reichlich Stoff für einen sagenhaften Sagenschatz. Im 30-jährigen Krieg gab es auf dem Klostergelände einen mehrtägigen Großbrand, bei dem einige Klostergebäude zerstört wurden. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation geschlossen, das Inventar verkauft und noch einige Jahre als Garnisionslazarett genutzt. Auch der zweigeschossige barocke Hochaltar aus dem Jahr 1717, der von dem Bildhauer Thomas Simon Jöllemann aus Holte bei Haselünne geschaffen wurde, fiel diesen Verkäufen zum Opfer und kam dann über verschiedene zwischenzeitliche Standorte durch Bemühungen des Staatshochbauamtes Osnabrück im Jahr 1979 wieder zurück in die Klosterkirche auf dem Gertrudenberg. Hier wurde er originalgetreu restauriert und erhielt sein charakteristisches Berliner Blau zurück. Er ist der einzige in Osnabrück noch erhaltene Hochaltar aus der Barockzeit. Um Kirche und dem ehemaligen Äbtissinnenhaus herum stehen einige Kunstwerke, von denen hier zwei genannt sein sollen: Auf dem kleinen Kirchvorplatz befindet sich seit 1983 eine bronzene Brunnenanlage von dem Osnabrücker Bildhauer Hans Gerd Ruwe, die einen Schäfer mit Schafen an der Tränke darstellt. Im Garten des ehemaligen Äbtissinnenhauses steht das eindrucksvolle, im Jahr 2005 aus Steinsäulen und Bronze entstandene Mahnmal der Künstler Werner Kavermann und Bernhard Enneking für die Opfer der NS-Euthanasie. Seitdem die Kirche vom Klinikum genutzt wird, wird sie simultan betrieben. Im katholischen und evangelischen Gottesdienst sowohl für Patienten als auch für die anwohnende Bevölkerung. Wegen ihrer überschaubaren Größe und dem am Zustand des 13. Jahrhunderts orientierten Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg ist sie auch für Hochzeiten sehr beliebt. Die Getrudenkirche ist das älteste heute begehbare Kirchengebäude Osnabrücks. Die originale ursprüngliche Michaeliskapelle ist als Erdgeschoß des Turmes noch erkennbar.
Der Bürgerpark
Wenn man durch den Garten des ehemaligen Äbtissinnenhauses geht, kommt man zu einem Durchgang in der Klostermauer auf den Senator-Wagner-Weg. Einer mit grobem Kopfsteinpflaster belegten schmalen Straße, die, als Alee von hohen Bäumen gesäumt, leicht ansteigend zum Wagner-Tor des Bürgerparks führt. Dieses ist benannt nach dem Begründer des Bürgerparks, dem städtischen Senator Gerhard Friedrich Wagner, der Tuchhändler war und lange Jahre der Herrenteichslaischaft vorstand. Senator Wagner hat von Beginn des 19. Jahrhunderts und besonders mit dem von ihm gegründeten Verschönerungsverein die Lustgärten am Gertrudenberg als öffentliche Anlagen gestaltet. Hier wurden, nach dem Vorbild anderer historischer Lustgärten, auch Pflanzen aus anderen Ländern und Übersee angesiedelt. Der Park ist in seinem ursprünglichen Aussehen bis heute nahezu unverändert geblieben und seit Ende der 1980er Jahre als Gartendenkmal eingetragen.
Die Klinik
Die Zeit nach der französischen Revolution führte mit einem Umdenken zum würdevolleren Umgang mit psychisch kranken Menschen, die nichtmehr wie bis dato „weggesperrt“, sondern behandelt werden sollten. Im Jahr 1861 beschloß das Königreich Hannover den Bau der ´Proventialständischen Irrenanstalt´ auf dem Gelände des ehemaligen Klosters, welches zu diesem Zweck erworben wurde. Architekt war Adolf Funk, der als Eisenbahn- und Krankenhausarchitekt bekannt war und bevorzugt im historistischen Rundbogenstil baute. Der so entstandene repräsentative, schloßähnliche sechsteilige Gebäudekomplex, der für die Unterbringung von 200 Patienten ausgelegt war, wurde nach vierjähriger Bauzeit im April 1868 eingeweiht.
Die Sprache hinkte dem humanen Behandlungsbestreben allerdings lange hinterher. So bezeichnete man anfangs die Patienten als „Andersartige“ und bis in die 1950er Jahre gab es Bezeichnungen wie „Psychopaten“ und „Hysteriker“. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden seelisch kranke Menschen gar als „lebensunwert“ angesehen. Der Name der Einrichtung wechselte noch öfter. Im Jahr 1900 hieß sie dann „Provinzial Heil- und Pflegeanstalt zu Osnabrück“. Ab 1952 „Niedersächsisches Landeskrankenhaus Osnabrück“, bis es im Zuge der Privatisierung zum heute noch bestehenden AMEOS Klinikum Osnabrück wurde.
TEXT & FOTOS: Rüdiger Lange