Im Rahmen der Reihe `Industriekultur andernorts‘ zeigt das Museum Industriekultur auf dem Piesberg von Zeit zu Zeit Fotoausstellungen über Industrielandschaften anderer Regionen. Diese werden von dem Verein `Fotografische Gesellschaft Osnabrück von 1912 e.V.` erarbeitet. Thema der neuen Ausstellung ist die ehemalige Kokerei Hansa in Dortmund, einem der Schwergewichte des industriellen Zeitalters, das heute von der `Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur` bewahrt und interessierten Besuchern zugänglich gemacht wird.
Die Kokerei Hansa ging hervor aus der 1869 in Betrieb genommenen Zeche Hansa. Der Name ´Hansa´ stand dabei für den Zusammenschluss mit der Dortmunder Bergbau- und Hütten-AG und war angelehnt an den mittelalterlichen Wirtschafts- und Transportverbund der Hanse in norddeutschen Hafenstädten. 1896 wurde auf Zeche Hansa die erste Kohle gefördert, wenig später um eine kleine Zechenkokerei erweitert, die den ersten „Hansa-Koks“ produzierte.
Mitte der 1920er Jahre schlossen sich vier große Montanunternehmen zur ´Vereinigte Stahlwerke Aktien-Gesellschaft´ zusammen und wurden damit zum zweitgrößten Stahlkonzern der Welt. Mit dieser Entwicklung rationalisierte sich auch das Kokereiwesen. Die Kokerei Hansa wurde bis 1928 zur Zentralkokerei erweitert, die nun von mehreren Bergwerken des Verbundes mit Steinkohle beliefert wurde. Hierfür zeichnete der innovative Baudirektor Hellmuth von Stegmann und Stein der ´Vereinigte Stahlwerke AG´ verantwortlich, der in seinen Planungen die Gestaltung der Gebäude und technischen Anlagen ähnlich einem städtebaulichen Konstrukt nach dem Produktionsablauf ausrichtete, sodass noch spätere Erweiterungen möglich waren. Diese Bauweise verdeutlicht die klassischen Anforderungen an den Industriebau der Moderne und damit auch den späteren Denkmalwert der Kokerei Hansa. So gab es auf dem Werksgelände eine ´schwarze Straße´, wo die Anlagen der vom Kohlenstaub geschwärzten Koksproduktion angeordnet waren und eine parallel verlaufende ´weiße Straße´ mit den Anlagen zur Weiterverarbeitung der Kohlenwertstoffe, die noch zusätzlich aus dem Kokereigas gewonnen werden konnten. Beide Straßen waren durch Unmengen von Rohrleitungen miteinander verbunden. Eine große Erweiterung der Kokerei brachte bis Ende der 1930er Jahre die Aufrüstungspolitik der Nationalsozialisten, mit der die Kokerei zur größten Kokerei des Ruhrgebietes wurde. Nach dem Krieg wurden die Produktionsstätten noch mehrfach um- und ausgebaut, bis zum Ende der 1960er Jahre die Maximalkapazität von 1,9 Millionen Tonnen Koks pro Jahr erreicht wurde.
Mitte der 1970er Jahre begannen Modernisierungsarbeiten, um die immensen Staubemissionen zu verringern und die Produktionsstätten zu verkleinern, da durch die voranschreitende Krise der Stahlindustrie vermehrt Hochöfen stillgelegt wurden, wodurch auch nicht mehr soviel Koks benötigt wurde. Die bis dahin genutzten Kokereigase wurden durch günstigeres Erdgas ersetzt, sodass die Kokerei schließlich zu Beginn der 1990er Jahre endgültig stillgelegt wurde.
Bereits vor der Stilllegung gab es Bestrebungen seitens der Denkmalbehörden, das Areal als zu erhaltendes Baudenkmal unter Schutz zu stellen. Dies geschah dann ein paar Jahre später für den Bestand der Anlagen aus den 1920er Jahren.
Das heutige Erscheinungsbild der ehemaligen Kokerei zeigt im Vergleich zur Zeit der Stilllegung einen erheblich reduzierten Baubestand, da sämtliche Anlagen, die nach 1930 hinzugefügt wurden, nicht zum Ensemble des Denkmalschutzes gehörten und deshalb abgerissen wurden. Mit diesem Wissen lässt sich in etwa ergründen, über welch riesige Fläche sich diese einstige Großkokerei am Rande von Dortmund erstreckte. Zumal das Gelände heutzutage immernoch recht groß ist, das es sich kaum an einem Tag ausreichend besichtigen lässt. Es wurden Rundwanderwege auf dem Gelände eingerichtet, auf denen sich Besucher einen Weg durch die Logik der Produktionsanlagen mit seiner scheinbar wirren Ansammlung von Rohrleitungen, Behältern und Transportbändern bahnen können und auch erleben, wie die Natur sich ihr Terrain nach und nach von dieser ehemals „verbotenen Stadt“ zurück erobert.
Die Ausstellung im Museum Industriekultur läuft noch bis zum 25. Juni 2023
TEXT & FOTOS: Rüdiger Lange