Ein Kaselstab ist eine senkrecht wie ein Stab verlaufende Stickerei von religiösen Bildnissen, welche in Form eines Kreuzes auf ein priesterliches Meßgewand, einen Umhang, aufgenäht ist. Ursprünglich nur auf der Rückseite des Umhangs, da der Priester bei bestimmten Handlungen mit dem Rücken zur Gemeinde steht, wurde dieser Schmuck zu späteren Zeiten auch auf die Vorderseite des Umhangs erweitert. Es gibt verschiedene Darstellungsformen. Sowohl als Kreuz auf Vorder- und Rückseite, wurde ab dem 12. Jahrhundert verstärkt die vordere waagerechte Kasel als Gabelkreuz in y-Form um den Halsausschnitt herum ausgeführt.
Die abgebildeten Szenen zeigen u.a. Begebenheiten mit Maria und der heiligen Anna. Auch zu sehen sind Bauwerke mit reich verziertem Maßwerk, alle Bilder sind in Zentralperspektive dargestellt. Die Motive und Anordnung der Stickereien orientieren sich an den Malereien des Meisters von Alkmaar, einem niederländischen Maler, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Nähe der Stadt Alkmaar lebte und bekannt ist für seine `sieben Werke der Barmherzigkeit´. Die Abfolge der Kaselbilder verläuft auf der Vorderseite des Umhangs von oben nach unten und auf dem Rückenteil weiter von unten nach oben.
Der Kaselstab ist der wertvollere Teil des Umhangs und wurde, wenn der Umhang verschlissen war, abgenommen und auf einem neuen Umhang wieder aufgenäht. Der hier gezeigte Kaselstab ist der der Gewandvorderseite. Bischof Berning erwarb ihn 1918 für die Einrichtung des Diöszesanmuseums von dem Augustinerstift Neuenhaus. Die Stickereien sind farbig und mit Goldlasuren veredelt, einer Handwerkskunst, die mit Gold- und Silberfäden arbeitet und auf diese Weise reliefartige, lebendige Darstellungen ermöglicht, die das Licht des Kerzenscheins während der heiligen Messe eindrucksvoll reflektiert.
Die Reihe „Kunst in Kürze“ des Diöszesanmuseums Osnabrück zeichnet sich durch die konzentrierte Form von Vorträgen 20-minütiger Länge zu einem ausgesuchten Kunstwerk der Dauer- oder Sonderausstellungen aus. Die Veranstaltungen finden jeweils am ersten Donnerstag im Monat statt.
TEXT & FOTOS Rüdiger Lange